Mit der Stationsäquivalenten Behandlung (StäB) findet Therapie zu Hause im Wohnzimmer statt. Aber wie genau sieht das aus?

In vielen Ländern Europas gehört Home Treatment, also Behandlung zu Hause, zum Standard psychiatrischer Angebote. Für ambulante Krisenversorgung gab es immer wieder erfolgreiche Modellprojekte, die gezeigt haben, wie wichtig und hilfreich es ist, psychiatrische Versorgung auch aufsuchend anzubieten. Mit der Stationsäquivalenten Behandlung (StäB) hat dieses Angebot erstmals Einzug in die Regelversorgung (§ 115d SGB V) in Deutschland gehalten. Mittlerweile bieten rund 60 psychiatrische Kliniken in der ganzen Republik StäB an – darunter seit Ende 2020 auch das Ernst von Bergmann Klinikum in Potsdam!

Das StäB-Team des Ernst von Bergmann Klinikums Potsdam

“In StäB werden Patienten, die üblicherweise stationär aufgenommen werden, aufsuchend im häuslichen Umfeld behandelt”, so zu lesen auf der Website des Klinikums. Bei der Stationsäquivalenten Behandlung (StäB) kommt an sieben Tagen pro Woche ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des multiprofessionellen Teams zu den Patient:innen nach Hause. Das können Ärzte und Ärztinnen, Psycholog:innen, Sozialarbeitende, Pflegende oder auch die Kunsttherapeutin sein. Derzeit gibt es noch keine Genesungsbegleitung im Team, was auf jeden Fall ein Ziel für die Zukunft sein sollte!

Der Vorteil an der Stationsäquivalenten Behandlung ist, dass die Begleitung direkt im häuslichen Umfeld stattfindet. Es gibt also keinen “Bruch” nach dem stationären Aufenthalt, sondern man ist die ganze Zeit im vertrauten Umfeld und empfängt die Besuchenden vor Ort. Das bedeutet auch: der Patient oder die Patientin ist Hausherr bzw. Hausherrin und die Besucher:innen sind Gäste. Wer schon einmal eine Psychiatrie von innen erlebt hat, weiß, dass sich damit das Mächteverhältnis grundlegend verschiebt. Bei der Behandlung zu Hause kann kein Zwang ausgeübt werden, die Behandlung muss freiwillig erfolgen. Das heißt, die Patient:innen haben noch mehr die Möglichkeit, selbst zu gestalten, wie die Behandlung aussehen soll. Das kann ein psychotherapeutisches Gespräch am Wohnzimmertisch sein, es kann aber auch der Spaziergang im Viertel oder eine Begleitung beim Einkaufen oder Busfahren werden, wovor man sich seit Monaten fürchtet.

StäB-Flyer
Flyer

Und es gibt noch andere Gründe, wieso für Manche die Behandlung zu Hause dem Aufenthalt in der Klinik vorzuziehen ist: „Menschen, die sich in ihren Familien z.B. um die Betreuung ihrer älteren Angehörigen kümmern müssen oder das stationäre Setting als einengend bzw. belastend erleben, lehnen häufig eine stationäre Aufnahme ab oder schieben eine Behandlung trotz hohem Leidensdruck vor sich her”, so Chefarzt Dr. Kieser. „Für diese Menschen ist StäB ein passendes Behandlungsangebot, welches wir den Patienten jetzt anbieten können. Zudem können Patienten Therapiefortschritte unmittelbar in ihrem Lebensalltag integrieren.” Und: “Wenn es gewünscht ist, können Angehörige engmaschig in die Behandlung einbezogen werden.”

Mittlerweile stehen in Potsdam ca. 20 Behandlungsplätze in zwei StäB-Teams zur Verfügung – Tendenz steigend. Der Kontakt erfolgt am besten direkt über die Psychiatrische Notfallambulanz (PNA) des Klinikums oder per Überweisung durch den eigenen Facharzt oder -ärztin.

Foto: Anne Lück